Man kann einen Retreat als eine Zeit außerhalb Alltags verstehen, um bewusst den Emotionen der Vergangenheit zu begegnen. Man entdeckt Zusammenhänge, lernt Überkommenes loszulassen und Altes zu verarbeiten, das im Jetzt noch Auswirkungen auf das Sein hat. Alles ist in unserem Körper gespeichert.
Warum ist das sinnvoll – in alten Themen wühlen und alles wieder hoch zu kochen? In der heutigen Welt neigen wir dazu, abgekoppelt zu sein: abgekoppelt von unserem Körper und noch mehr abgekoppelt von unseren Gefühlen. Alles ist darauf ausgerichtet, Leistung zu erbringen und anderen zu gefallen: Wir lernen schon früh in unserem Leben, unsere Gefühle zu verdrängen, sie zu leugnen, damit sie uns nicht daran hindern anderen zu gefallen. In einem Kampf um Liebe (und die Liebe kennt keinen Kampf!) haben wir gelernt so zu sein wie andere es wollen. Und das ist traurig, denn es macht uns weniger lebendig. Der Kontakt zu unseren Gefühlen und der Versuch, sie zu verstehen, ermöglicht es uns, auf eine Weise zu leben, die unserem eigenen Geist treu bleibt.
Und was passiert mit den Gefühlen, die wir begraben? Bei Traumatisierungen kommt es sogar zu Seelenabspaltungen. Doch das Energiefeld verschwindet nicht. Stattdessen bringen diese Gefühle uns dazu, uns auf eine Weise zu verhalten, was wir oft gar nicht tun möchten. Manchmal beobachten wir unsere Handlungen und wundern uns selbst über unser mysteriöses Wirken.
Wir werden ängstlich oder wütend. Wir projizieren alles, was in uns steckt, auf die Welt, sodass uns alles um uns herum wie ein gefährlicher Ort vorkommt. Wenn wir dort angekommen sind, brauchen wir vielleicht sogar Medikamente um klarzukommen – das Gegenteil von klar zu sein, d.h. wir entfernen uns noch weiter von uns.
Ein Retreat kann uns helfen, anders damit umzugehen. Den seelischen Schaden anzusehen und ihn zu reparieren, in einem geschützten Raum. Herausgenommen aus der Dunstglocke des Alltags können wir beginnen zu uns selbst ehrlich zu sein, in unsere Vergangenheit einzutauchen und auszudrücken und zu verstehen, was wirklich vor sich geht. Es geht darum, Dinge aufzudecken, die uns in der Vergangenheit verletzt haben, damit wir verstehen können, wie sie sich heute auf unser Leben und Verhalten auswirken. Endlich gibt es einen sicheren Raum in dem man über die eigenen Gefühle sprechen kann. Endlich kannst du dich öffnen und damit ein besseres zukünftiges Leben schöpfen. Endlich kannst du allen Mut zusammennehmen, um dich ganz zu überwinden und offen mit dir selbst umzugehen. Das bringt die Würde zurück, verbindet wieder mit dem wahren Selbst und schafft im realen Leben ein komplett neues Resonanzfeld für positive Beziehungen. Wenn diese Worte bei dir Anklang finden, könnte es sein, dass du bereit bist dein Leben zum Besseren zu wenden und deinen tiefen Schmerz loszulassen. Oft sind es „wake up calls“ im Außen die uns dazu bringen: Scheidung, getrennte Liebe, Unfall, Tod etc.: es gibt viele Auslöser für einen notwendigen Heilungsretreat. Aber es geht nicht immer um eine Krise. Viele von uns haben in den Tiefen des Herzens eine Sehnsucht. Es ist eine Sehnsucht, von der wir wissen, dass sie da ist, aber nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen. Es ist die Sehnsucht nach einem anderen Leben. Es ist das Gefühl, dass das Leben etwas Tieferes hat, wenn wir nur darauf zugreifen könnten. Auch das sind tiefe Emotionen die verarbeitet sein wollen. Und nichts ist wertvoller als ein Heilungsretreat der auf ein Leben hinarbeitet, das für einen selbst erfüllter und bedeutungsvoller ist.
